Starker Eisregen behindert den Verkehr im Südwesten Deutschlands
Wie von den Wetterdiensten bereits am Vortag angekündigt musste in der Nacht auf Sonntag, den 20.01.2013 im Südwesten Deutschlands mit verbreitet starkem Glatteisregen gerechnet werden. Im südlichen Landkreis Reutlingen begann es bereits früh in der zweiten Nachthälfte kräftig zu regnen, ab ca. 3Uhr war auch der nördliche Landkreis betroffen. Der Boden war in unserer Region von dem leichtem Dauerfrost der letzten Tage gut duchgekühlt. Bei Temperaturen zwischen -2°C und -6°C verwandelten sich dich flüssigen und unterkühlten Regentropfen beim Auftreffen auf den Boden sofort zu klarem Eis. Innerhalb kürzester Zeit führte dies zu gefährlicher Glätte. Eine kurze Erklärung wie das geschieht finden Sie weiter unten im Artikel.
Zu Sonnenaufgang – während die letzten Regentropfen fielen – zeigte sich langsam das Ausmaß der Auswirkungen dieses relativ seltenen Ereignisses – hier in Reutlingen-Rommelsbach:

An vielen Stellen musste fleissig Hand an das Streusalz gelegt werden, wie hier im Zentrum von Reutlingen-Rommelsbach

Trotz der gefährlichen Eisglätte wagten manch risikofreudige Menschen ihre morgendliche Joggingrunde
Trotz der Unwetterwarnungen ereigneten sich im Verlauf des Morgens dutzende Verkehrsunfälle mit Blechschäden, Fußgänger und Radfahrer stürzten und verletzten sich teilweise schwer. Erst der massive Einsatz von Streusalz führte bis zum Mittag zu einer Entspannung der Lage. Ebenso verhalf die schwach durchscheinende Sonne trotz Dauerfrost zu einem Tauen an vielen Stellen.
Nicht nur Reutlingen war vom Eisregen betroffen. Der gesamte Südwesten Deutschlands hatte im Laufe des Tages mit dicken Eisschichten zu kämpfen. So musste unter anderem die Autobahn A8 zwischen Karlsruhe und Stuttgart auf längeren Streckenabschnitten für einige Stunden gesperrt werden. Die A5 war zwischen Baden-Baden und Rastatt-Nord ebenfalls voll gesperrt. Ebenso gab es massive Behinderungen im Nahverkehr der Bahn und des örtlichen Nahverkehrs. Der Flughafen Stuttgart hatte einige Flugausfälle zu verzeichnen. Am Nachmittag musste der Flughafen Frankfurt zeitweise geschlossen werden.
Was hat zu diesem starken Eisregen geführt?
Seit Tagen herrschte in unserer Region leichter Dauerfrost unter ständiger Kaltluftzufuhr aus nordöstlichen Richtungen. Ein ausgedehntes Tiefruckgebiet zog von der Biskaya über Frankreich Richtung Nordosten. Auf seiner Vorderseite wurde dabei vor allem in höheren Luftschichten sehr warme und feuchte Luft nach Norden transportiert. Diese Warmluft gleitete auf ihrem Weg nach Norden auf die in Mitteleuropa liegende bodennahe Kaltluft auf. Dieses „schwere“ Kaltluftpolster lag zum Einen sehr zäh in der untersten Luftschicht und zum Anderen konnte die Windsituation in der Höhe keine gute Durchmischung von Warmluft aus der Höhe mit der Kaltluft am Boden erreichen.
Die hohe Feuchte und grossflächige Hebung in der Atmosphäre führten über dem Osten Frankreichs und der Westschweiz zur Ausbildung starker Niederschläge die sich nach Norden ausbreiteten. Die warme Luft konnte sich bis in Höhen von ca. 1000m herab durchsetzen – mit Temperaturen von teilweise über 5°C. Niederschläge, die in großen Höhen als Schnee fallen, erreichen damit auf ihrem Weg nach unten Luftschichten mit positiven Temperaturen wobei der Schnee zu schmelzen beginnt.
Abhängig von Höhe der Temperatur und der Schichtdicke mit positiven Temperaturen schmilzt der Schnee teilweise oder komplett und wird dabei zu einem Regentropfen. Fällt dieser Regentropfen anschliessend wieder längere Zeit bei Temperaturen unter 0° C so kühlt dieser wieder ab und kann dabei trotz einer Wassertemperatur von deutlich unter 0° C flüssig bleiben. In diesem Fall spricht man von unterkühltem Wasser/Regen. Sobald dieser unterkühlte Regentropfen mit einem anderen Objekt zusammenstößt, gefriert er schlagartig zu festem Eis – daher wird diese Niederschlagsform auch oft unschön als Blitzeis bezeichnet.
In der folgenden Grafik ist der Zustand der Atmosphäre in Stuttgart um 1 Uhr nachts (links) sowie um 7 Uhr morgens (rechts) vom Boden bis ca. 3km Höhe abgebildet. Auf diesem (Stüve-)Diagramm kann man sehr einfach die Temperaturschichtung erkennen, welche in unserem Fall zum Eisregen führte. Um 1 Uhr nachts war die Schicht mit positiven Temperaturen bereits fast 500m mächtig und wuchs bis 7 Uhr auf fast 1200 m an (gelbe Flächen). Unterhalb dieser sehr warmen Luftschicht befand sich eine starke Inversion, bei der sich die Temperatur auf einigen Dutzend Metern um fast 10 Grad ändert. Auf den letzten wenigen hundert Metern fielen die Regentropfen somit wieder bei Umgebungstemperaturen von bis zu -8°C wodurch diese sehr schnell unterkühlen konnten.
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